Blog: Du bist einzigartig! - Warum (unnötige) Vergleiche dich immer verlieren lassen

von Christine Warcup (Kommentare: 0)


Kennst du das? Du bewunderst jemanden, z.B. eine tolle Figur, und fast unmerklich beginnst du, dich damit zu vergleichen. Wie fühlt sich das an?

Oder du siehst, wie ein Kollege seine Arbeit ganz wunderbar erledigt und fühlst dich im Vergleich viel schlechter.

Warum nur? Warum können wir uns selbst nicht genau so wertschätzen wie andere?

Warum können wir das, was andere leisten, ihre Talente oder ihr gutes Aussehen so selten genießen? Warum neigen wir dazu, uns zu vergleichen, und warum fühlen wir uns bei einem Vergleich selten gut?

Warum vergleichen wir uns überhaupt?

Nun, zunächst müssen wir uns in Bezug zu unserer Umwelt setzen. Das heißt, wir beobachten natürlicherweise Menschen in unserer Umgebung, sehen ihre Eigenheiten und setzen sie mit unseren Eigenheiten in Beziehung. So orientieren wir uns in unserer Welt.

Und solange wir dabei nicht werten oder uns selbst abwerten, ist alles in Ordnung.
Da wir aber unter anderem ein Schulsystem durchlaufen, in dem wir über Jahre jeweils  innerhalb einer Gruppe verglichen werden und dabei beurteilt werden, schulen wir unseren Blick darin, ob wir „besser“ oder „schlechter“ sind als andere.
„Schlechter“ dürfen wir nicht sein, sonst haben wir Probleme, wenn wir „zu gut“ sind, geht es uns auch nicht unbedingt besser, da wir uns dann den Neid und die Wut der „Schlechteren“ einhandeln.

Wir lernen also immer wieder, dass wir nicht einfach so sein können, wie wir sind, sondern dass wir „besser“ sein sollten, „besonders“, aber nicht zu besonders, um das Gefühl zu haben, „in Ordnung“ zu sein.

Das Verrückte dabei ist, dass wir einzigartig sind: Keiner sieht so aus wie wir, keiner denkt, fühlt , handelt wie wir, keiner hat unsere einzigartigen Talente und Begabungen und keiner entwickelt sie in unserer Zeit und unserer Art und Weise. Wir sind rundum besonders.

Warum dich Vergleiche mit anderen nicht glücklich machen

Da wir so einzigartig sind, können wir niemals so sein wie andere! Das heißt, wenn ich meine Fähigkeiten mit denen eines anderen Menschen vergleiche oder mein Aussehen, kann ich niemals so sein wie der andere. Wenn ich den anderen aber als besonders schön, toll, erfolgreich o.ä. sehe, tendiere ich dazu, so schön, toll, erfolgreich sein zu wollen wie der andere. Und genau das werde ich niemals erreichen können, selbst wenn ich mir die größte Mühe gebe.

Ich kann nur einzigartig ich selbst sein, mit meinen ganz einzigartigen Gedanken, Gefühlen, Taten, Begabungen, Talenten …  Und wenn andere versuchen, so einzigartig sein zu wollen wie ich, können sie  auch nur verlieren. Sie werden niemals so sein können wie ich in meiner einzigartigen Art und Weise.

Besonders scheinen (müssen) - ein Beispiel aus der Schule

Vor einiger Zeit erzählte mir in einem Coaching eine Lehrerin, dass sie sich im Vergleich mit Kollegen/Kolleginnen immer wieder in Frage stelle. Ich muss dazu sagen, dass diese Lehrerin sehr authentisch ist und wirklich viel aus der Kraft des Herzens agiert, sich also so verhält, wie man es sich für Kinder nur wünschen kann. Dennoch fühlte sie sich im Vergleich mit Kollegen minderwertig.

Sie beschrieb, dass einige Kollegen einen Riesenaufwand für ihren Unterricht betrieben, und sie hatte das Gefühl, im Vergleich nicht „genug“ zu tun und damit nicht gut genug zu sein.

Da wir in unserem Schulsystem und in unserer Gesellschaft gewohnt sind, „Leistung“ erbringen zu müssen, und zwar sichtbare, messbare Leistung, fällt es uns schwer, nicht messbare Fähigkeiten in uns wertzuschätzen.

Wie will man Authentizität messen, wie Wahrhaftigkeit? Die Fähigkeit zu Mitgefühl und Verständnis, die Fähigkeit, das Potenzial in Menschen zu erkennen und liebevoll wertzuschätzen und damit zu fördern? Fähigkeiten, die im Umgang mit Menschen und insbesondere mit Kindern sehr wichtig sind.

Leisten (müssen) aus Mangel an Selbstwertschätzung

Ich habe ihr dann Folgendes aus meiner eigenen Erfahrung als Lehrerin erzählt:
Ich war so eine „Leisterin“. Ich hatte gelernt, dass ich nur über Leistung Anerkennung erhalten konnte. Also habe ich geleistet, als Schülerin, als Studentin, als Lehrerin. Ich habe meine eigenen Grenzen nicht geachtet und ich konnte meine Leistung nur sehr bedingt anerkennen, da ich ja aus einem inneren Mangel geleistet habe, dem Mangel an Liebe und Anerkennung.

Ich habe tollen Unterricht vorbereitet,  da ich „gut“ sein musste, um „in „Ordnung“ zu sein, aber ich bin dennoch innerlich oft leer geblieben. Und so wäre ich eine gute Kandidatin für einen Burnout gewesen, wenn ich durch die Erfahrungen mit unserem Sohn nicht „gezwungen“ gewesen wäre, mein extremes Funktionieren und Leisten zu hinterfragen.

Ich habe der Lehrerin ausgeführt, dass natürlich nichts gegen eine aufwändige Unterrichtsvorbereitung einzuwenden ist, wenn sie wirklich aus dem Herzen kommt, wenn ein Lehrer das wirklich gern machen möchte. Dann haben seine Schüler einfach Glück.

Wenn ein Lehrer es allerdings aus einem inneren Mangel tut, wird er keine wirkliche Anerkennung für seinen Aufwand erfahren können.  Er wird dazu seinen Schülern vielleicht ein Vorbild sein, wie man sein Leben mit Anstrengung und Unzufriedenheit leben kann.

Ein Lehrer, der vielleicht „weniger tut“, weniger messbar leistet, aber mit sich selbst und seinem Herzen in Verbindung ist, kann Schüler auf eine ganz andere Art erreichen und ihnen ein anderes Vorbild sein, wie man sein Leben leben kann.

Vergleiche machen wenig Sinn

An beiden können Schüler sich orientieren, an beiden Vorbildern können sie lernen. Ein Vergleich erübrigt sich, denn beide haben sozusagen „Lernwert“ für die Schüler, wenn auch anders als im Lehrplan vorgesehen.

Und wer will bewerten, welcher Lehrer es „besser“ macht?
Die Frage lautet für mich eher: Welcher Lehrer ist glücklicher, zufriedener und damit auch gesünder?  Vermutlich der Lehrer, der in der Lage ist, sich selbst anzuerkennen, sich selbst wertzuschätzen, und der damit sehr wahrscheinlich auch in der Lage ist, die Leistungen und Gaben anderer anzuerkennen und wertzuschätzen und sich daran zu erfreuen, ohne sich im Vergleich in Frage stellen zu müssen.

Tipp: Wertschätzung statt Vergleich

Mein Tipp dazu: Nimm dir jeden Tag einen Augenblick Zeit und erlaube dir, dich selbst wertzuschätzen, auch und gerade für die kleinen Dinge, die dir gelingen.
Je mehr Wertschätzung und Anerkennung du für dich selbst hast, desto weniger musst du dich mit anderen vergleichen.

Alle Begabungen sind wertvoll, alle werden gebraucht, erst mit allen Unterschieden und unterschiedlichen Begabungen ist unsere Welt vollständig. Viel Erfolg!

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