Blog: Vergib mir und nimm mich, wie ich bin – ein frommer Wunsch?
von Christine Warcup (Kommentare: 0)
Denn mir ist schon lange bewusst, dass es nicht so sehr darauf ankommt, dass jemand uns vergibt, sondern dass es eher darum geht,
denen zu vergeben, die uns verletzt haben, um nicht ständig über Schmerz und Wut an diese Personen „gebunden“ zu sein. Das heißt, wenn wir frei sein und nicht mehr leiden wollen, ist es sinnvoll, uns aus der Opferrolle zu verabschieden und den anderen „freizugeben“.
Das ist wahrlich nicht immer leicht, aber so erleichternd, wenn wir endlich damit aufhören können, uns durch die ständige gedankliche Wiederholung der Verletzung, der „Ungerechtigkeit“, der „Gemeinheit“, was immer es auch in unserer Wahrnehmung ist, immer wieder neu zu verletzen und uns im wohlbekannten Schmerz zu suhlen.
(Wir würden kaum auf die Idee kommen, mit einem Messer immer wieder in eine Wunde zu stechen und uns neu zu verletzen, aber mit emotionalen Verletzungen tun wir genau das gedanklich immer wieder.)
Wer soll mir vergeben?
Wie ist es aber, wenn wir jemanden verletzt haben?
Es ist ja verständlich, wenn wir uns wünschen, dass der andere uns vergibt, wenn wir einen Fehler gemacht haben, ihn vielleicht gar tief verletzt haben.
Aber solange wir uns selbst für das verurteilen, was wir getan oder unterlassen haben, nutzt uns das nicht allzu viel.
Solange wir uns selbst verurteilen, werden wir im Außen immer wieder die nächste Verurteilung wittern, selbst wenn es gar keine gibt. Und damit legen wir unbewusst ein Verhalten an den Tag, das sicherstellt, dass wir immer wieder den Eindruck haben, dass andere uns verurteilen.
Ich vergebe mir und nehme mich an, wie ich bin?
Ja, wenn das so einfach wäre. Wir können zwar sagen „Ich vergebe mir“, aber glauben wir das wirklich? Hören wir damit auf, uns in Frage zu stellen, uns zu verurteilen, unser Verhalten abzulehnen?
Hilft es uns, zu glauben, dass wir in Ordnung sind, dass wir nicht „besser“ werden müssen, um in Ordnung zu sein, wie wir sind?
Natürlich wäre es das Ende all unser Probleme, wenn wir wirklich glauben könnten, dass wir in Ordnung sind, wie wir sind, wenn wir uns nicht immer wieder in Frage stellen würden, an uns zweifeln würden.
Wir haben nicht erfahren, dass wir bedingungslos geliebt und akzeptiert wurden. Wir haben gelernt, dass wir in bestimmter Weise sein müssen, dass wir Ansprüche und Erwartungen anderer erfüllen müssen, um in Ordnung zu sein. Und wir haben viele dieser Ansprüche und Erwartungen an uns übernommen. Deshalb fällt es uns in vielen Aspekten nicht immer leicht, uns einfach anzunehmen, wie wir sind.
Einverstanden sein
Wenn wir nicht ganz einverstanden sein können mit uns selbst, können wir zumindest damit einverstanden sein. Wir können uns ganz bewusst erlauben, mit dem einverstanden zu sein, wie wir zu jedem neuen Moment sein können. Wir sind einzigartig mit einzigartigen Talenten und einzigartigen Herausforderungen und Lernaufgaben.
Und weil wir so einzigartig sind, macht es auch keinen Sinn, uns zu vergleichen, um zu schauen, ob wir „gut genug“ sind.
Ich entscheide mich für Liebe statt Angst
Wir können einfach üben, uns selbst immer mehr anzunehmen, einverstanden zu sein mit uns selbst und uns immer mehr wertzuschätzen.
Wir können erkennen, dass wir „Fehler“ nicht aus Bösartigkeit machen, sondern weil wir vielleicht etwas noch nicht sehen oder verstehen können, mit einer Herausforderung, einer Verletzung oder einer Angst noch nicht umgehen können.
Wenn wir das so sehen können, können wir uns auch selbst vergeben, können wir aufhören, uns zu verurteilen und uns Schritt für Schritt mehr und mehr annehmen.
Wir können entscheiden, all die Liebe, die stets für uns bereitstand, ebenfalls Schritt für Schritt wieder zu uns fließen zu lassen. Wir können uns immer wieder für die Liebe entscheiden, statt für die Angst.
Das Außen wird es uns spiegeln.
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